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Beitrags Sprache: Deutsch
Unter-Überschrift: Die Kanzlei des 21. Jahrhunderts
Lesezeit 10 Min.
Beitrags Kategorie: Agile Management
Beitrags Art: Kommentar
Farbe: Rot
Dr. Geertje Tutschka, ACC
Managing Partner, CLP-Consulting; Rechtsanwältin

Der Rechtsmarkt befindet sich im Wandel: Mit der Digitalisierung eroberte die Innovation die Rechtsbranche. Diese bringt jedoch nicht nur Innovationen im Legal Tech Bereich hervor, die stupide Standardarbeit erleichtern, sondern auch solche, die ganze Geschäftsfelder der Anwaltschaft plötzlich in Luft auflösen. Oft gehen diese Innovationen mit der Notwendigkeit einher, Strukturen und Prozesse in den Kanzleien zu überarbeiten und neu zu definieren. Nicht erst seit dem „Besonderen elektronischen Anwaltspostfach“ (beA) sind viele Kanzleien aus der Papierakten-Steinzeit ins Hier und Jetzt der digitalen Akte katapultiert worden. Der Anwalt ist heute zumindest per E-Mail direkt und immer für jeden erreichbar und kommt damit endlich auf die Augenhöhe des Mandanten; aber auch oft an die Grenzen seiner Belastbarkeit.

Kanzleien sind nun emsig bemüht, Schritt zu halten: Da werden Innovation-Hubs ins Leben gerufen, um mit ambitionierten Junganwälten oder zugekauften IT-Nerds Legal Tech Anwendungen zu kreieren und neue Geschäftsfelder zu generieren. Oder zumindest einen gewissen Marketing-Effekt zu erzeugen: für die Mandanten aber auch für das Employer Branding. Innovation Awards zeigen die Vielfältigkeit der Ergebnisse.

Dabei muss die Frage erlaubt sein: Bringt das was?


 

 

 

Warum Innovation für Kanzleien wichtig ist

Richtig ist sicher, dass Innovation heute für Unternehmen nicht mehr nur Kür- sondern Pflichtprogramm ist, wenn sie zukunftsfähig sein wollen. Zutreffend ist auch, dass das Jurastudium kein Kreativkurs an der Waldorfschule ist. Im Gegenteil: es hat schon so manch Ambitioniertem das Kreativsein ein für alle Mal ausgetrieben. Können also Innovation-Hubs und Innovation-Awards juristische Kreativität beflügeln?

Nach Kohl-Boas, Head of HR Northwest, Central & Eastern Europe bei Google, bedarf es für Innovationen mehr:

  1. Innovationskultur und Eigenverantwortung
  2. Information und Infrastruktur
  3. Angepasste Entscheidungsprozesse und Führung

Zwar können die von der Kanzleiführung unterstützten Innovation Hubs und Legal Tech – Arbeitsgruppen eine gewisse Innovationskultur in Gang setzen. Vielen fehlt es dann jedoch an einer gewissen Struktur, um Kreativität entwickeln zu können. Dazu können Techniken wie Scrum gehören. Kreativität kann aber auch durch viele andere Tools unterstützt werden.
Durch eine entsprechende Arbeitsatmosphäre zum Beispiel, aber auch durch Eigenverantwortung, Information und eine unterstützende Infrastruktur. Das kann bedeuten, dass strategische Entscheidungen der Kanzleiführung oder bestimmte Umsatzzahlen transparent an das Entwicklungsteam kommuniziert werden oder beispielsweise auch Mandatsinterna.

Die zumeist unterschätzten Faktoren sind jedoch Führung und Entscheidungsprozesse. Kanzleien greifen hier für die Innovationsteams einfach auf die vorhandenen hierarischen Strukturen zu; Dass Innovation anderer Strukturen bedarf als eine streng hierarchisch geführte Kanzlei liegt jedoch auf der Hand. Agilität ist gefragt, Mut zum Risiko aber auch eine andere Fehlerkultur.

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Welche Bedutung haben sog. Cross Competencies

Auch kommt aus meiner Sicht noch eine vierte Komponente hinzu: Cross Competencies. Sowohl bei den Mitarbeitern als auch den Führungspersönlichkeiten. Cross Competencies setzen einerseits einen gewissen Grad an Professionalität, Erfahrung und Know-How in einem Bereich, nämlich dem juristischen, voraus und zusätzlich einen weiteren in einem völlig anderem Feld. Man spricht auch von Cross Cultural Competencies – versteht hier aber leider zu Unrecht oft nur die national gefärbte Kultur. Tatsächlich handelt es sich um die jeweilige Wertebasis.

In der Rechtsbranche sind Cross Competencies bislang bei Sprachen etabliert. Gerade in der Großkanzlei wird neben der Muttersprache verhandlungssicheres englisch vorausgesetzt. In Zeiten der Globalisierung gern auch die juristische Ausbildung in mehr als nur einem Land oder gar eine komplette Juristenausbildung in zwei verschiedenen Rechtssystemen.
Zunehmend gefragter sind aber auch die Absolvierung zweier akademischer Fachausbildungen, wie etwas Medizin im Arzthaftungsrecht, BWL für den in der Wirtschaft tätigen Juristen oder nun neu die sog. MINT-Fächer. Ein derart ausgebildeter Jurist wird ganz sicher eine andere, sehr viel praktikablere DS-GVO entwerfen können. Das Aufwand – Nutzen – Ergebnis dürfte hingegen wenig überzeugen. Zwar wird schon jetzt vielfach der Anspruch laut, dass Juristen selbstverständlich das, was sie regeln wollen, zumindest verstehen sollten. Juristen begegnen diesem Einwand gern damit, sie hätten sich quasi „on the fly“ durch die ständige Aktenbearbeitung bereits ausreichend Grundwissen für Medizin, IT, MINT, BWL angeeignet und würden schon genug verstehen. Das mag für Unternehmensjuristen zutreffen, die gleichzeitig zu jeder Zeit auf die Expertise der entsprechenden Fachkräfte und anderen Abteilungen im Unternehmen zugreifen können und damit quasi schon immer in gewisser Weise in agilen Teams bestehend aus verschiedenen Kompetenzträgern gearbeitet haben. Für Anwälte mit ihrer „Außenperspektive“ kann das hingegen nicht gelten, selbst wenn sie lange und ausschließlich bestimmte Fachbereiche betreuen.


Wie können Kanzleien derart gemischte Teams mit Cross Competencies aufbauen?

Eine sinnvolle ressourcenschonende Alternative kann die Implementierung von sogenannten agilen Teams sein.

Dies sind Teams aus Mitarbeitern mit unterschiedlichen Kompetenzen oder gar gemischten Berufsgruppen, die in kurzen Hierarchieebenen die verschiedenen Kompetenzen in schnellen umfassenden Entscheidungsprozessen bündeln. Ursprünglich aus der IT-Branche entstanden, um den Kundenbedürfnissen schneller besser gerecht zu werden, wird diese Methode bereits branchenübergreifend angewendet. Erste Vorstöße waren in den Zusammenschlüssen verschiedener Berufsgruppen (wie Anwälten mit Medizinern im Arzthaftungsrecht; Anwälten mit Sachverständigen oder Architekten im Verkehrsunfallrecht/ Bauhaftungsrecht; Anwälten mit Steuerberatern) gemacht worden. Zwar bislang mehr oder minder erfolglos. Doch diese Entwicklung wird voranschreiten, weil es einfach ein großes Bedürfnis nach Cross Competencies gibt und nicht immer in ein und derselben Person abbildbar ist.


Warum agile Teams besondere Führung brauchen

Diese agilen Teams bedürfen einer besonderen Führung, erst Recht, wenn Sie Teil einer Unternehmenskultur sind, die nicht Innovation und Eigenverantwortung, sondern hierarchische Entscheidungen und Reglementierung lebt.

Auch Dies gilt vor allem in der digitalen Welt, die massive Unsicherheit unter Mitarbeitern erzeugt, weil IT nun Menschen ersetzen, prozesstechnisch “versklaven” und deren Daten kontrollieren kann. Die in einer Google Studie von 2016 festegestellten Grundbedürfnisse von Mitarbeitern sollten daher unbedingt in den Fokus der Fürhung rücken. Mitabreiter sehnen sich demnach nach:

  • Sicherheit: mehr im psychologischen Sinne als im tatsächlichen (Gefühls- und Kommunikationsmanagement)
  • Klarheit: bei Strukturen, Zielen und Aufgaben (verlässliche Beziehungen)
  • Bedeutung: der eigenen Arbeit, die der Unternehmenswerte

Agile Leadership ist in der Lage, unterschiedliche Führungsstile situativ miteinander zu kombinieren und auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter einzugehen.


Wie kann agile Leadership aufgebaut werden

Das erfordert in erster Linie Know How, aber auch gutes Selbstmanagement und hier vor allem auch Egomanagement. Falsch ist die landläufige Annahme, der IT-affine Partner oder ambitionierte Junganwalt wäre hier auch der am Besten geeignete Leader dieser Teams.

Man kann dies jedoch Erlernen. Um das als Anwalt zu können, kann ein Coach helfen. Dieser erarbeitet Stärken und Schwächen, analysiert Potenzial und treibt Entwicklung voran. Entwicklung kann dabei aber nur beim Anwalt selbst und zwar nach innen stattfinden.

Eine Coachingausbildung wird sehr viel tiefer ansetzen und nachhaltige Erfolge auch nach außen erzeugen: Und darauf kommt es schließlich an, wenn dem Juristen Personalverantwortung übertragen ist, oder die Entwicklung und Führung derart agiler Teams. Er wird ein Verständnis von menschlichen Beziehungssystemen, Bedürfnissen, Kommunikationsmustern und Paradigmen bekommen und in die Lage versetzt werden, seinen Mandanten besser zu verstehen, vor allem aber auch sich selbst. Um ein Team zu kreativen Höchstleistungen führen zu können, muss man in erster Linie an sich selbst arbeiten. Selbstreflektion, Egomanagement, Achtsamkeit, Perspektivwechsel, Ziele setzen und erreichen zeichnen ihn aus. In seiner Coachingausbildung hat er sich daher mit den eigenen Stärken und Schwächen, Ängsten, Triggern und Glaubenssätze auseinandergesetzt. Das ist intensiv und nicht leicht und führt zumeist zu einem anderen Selbstverständnis und Verhältnis zu sich selbst. Ins Burn Out oder eine tiefe Lebenskrise rutscht dieser Jurist jedoch nicht mehr so ohne weiteres. Er ist persönlich gewachsen und reifer geworden. Das wird ihn zu einem reflektierten und in sich ruhenden Chef machen, dem gegenseitige Achtung und Respekt wichtig sind, aber auch Klarheit, Transparenz und Vertrauen. Er weiß, wofür er und seine Kanzlei stehen und welche Mitarbeiter zu seiner Kanzlei und dem Team passen. Er kennt aber auch die Bedürfnisse seiner Mitarbeiter und beschäftigt sich deshalb mit Personal- und Teamentwicklung. Strukturen und Prozesse sollen die Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter unterstützen und nicht behindern. In Teamkonflikten kann er sich vermittelnd einbringen. Schwierige Themen werden nicht ignoriert, sondern sensibel angegangen. Die Mitarbeiter kommen gern ins Büro und identifizieren sich mit ihrer Arbeit, so dass das gesamte Team an einem Strang zieht, was für ein gesundes Arbeitsklima sorgt.


Welchen Nutzen hat eine Investition in den Aufbau agiler Führungskompetenz

Der Nutzen einer solchen Ausbildung für Juristen mit Führungsverantwortung liegt also auf der Hand: 

  • Es zahlt sich für ihn persönlich aus, weil er selbst zufriedener ist.
  • Es zahlt sich in seiner Kanzlei aus, weil die Mitarbeiter zufriedener sind.
  • Es zahlt sich in seinem Geschäft aus, weil seine Mandanten zufriedener sind.

Und nicht zuletzt: Auch derartige Zusatzausbildungen stellen für Juristen wertwolle Kombinationen aus sog. Cross Competencies dar. Verbunden mit ihrer individuellen Berufs- und Lebenserfahrung werden sie unverwechselbar, nicht austauschbar. Agil. Und das ist der einzige Weg in die Zukunft der Beraterbranche in der digitalen Welt.

 

 

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