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Beitrags Sprache: Deutsch
Unter-Überschrift: Vor- und Nachteile klassischer und virtueller Programme
Lesezeit 5 Min.
Beitrags Kategorie: Start-Up
Beitrags Art: Artikel
Farbe: Rot
Dr. Johannes Janning | Anna von Girsewald
Junior-Partner(in) bei Oppenhoff & Partner

Gerade Start-Ups setzen Mitarbeiterbeteiligungsprogramme ein, um Mitarbeiter zu motivieren und den Unternehmenswert Exit-orientiert zu maximieren. Gleichzeitig sind die Programme ein wichtiger Baustein in der Vergütungsstruktur, um Talente zu gewinnen ohne dabei allzu viel Liquidität einzubüßen. Die bekannten Standard-Programme werden den einzelnen Wünschen und Anforderungen aber nicht immer gerecht. Gründer sollten sich intensiv mit den Vor- und Nachteilen der Programme auseinandersetzen, um besser entscheiden zu können, welches Programm zu ihrer individuellen Mitarbeiterstruktur passt.


 

 

 

Ausgestaltung echter versus virtueller Mitarbeiterbeteiligung

Gewährung „echter“ Anteile bzw. Anteilsoptionen

Die klassische Variante der Mitarbeiterbeteiligung gewährt ausgewählten Mitarbeitern „echte“ Anteile am Start-Up auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage. Soll die Gewährung nicht sofort erfolgen, erhalten die Mitarbeiter eine vertragliche Option, eine vorbestimmte Anzahl an Anteilen zu einem festgelegten Erwerbspreis (sog. exercise oder strike price) zu erwerben. Die Optionen sammeln sich über einen Zeitraum von 2-5 Jahren in monatlichen Intervallen an (sog. vesting period) und werden unverfallbar, wenn das Anstellungsverhältnis des jeweiligen Mitarbeiters fortbesteht (vested shares). Dabei sichern Leaver-Klauseln ein eventuell frühzeitiges Ausscheiden ab. Unverfallbar gewordene Anteilsoptionen kann der Mitarbeiter ausüben, wenn ein definiertes Ereignis eintritt. Das können z.B. der mehrheitliche oder gesamte Verkauf der Vermögensgegenstände des Start-ups im Rahmen eines Asset Deals sein, der Gang an die Börse, Verschmelzungsvorgänge oder sonstigen Ereignisse (sog. Exit Events). Der Mitarbeiter wird sodann Gesellschafter des Start-ups.

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Virtuelle Mitarbeiterbeteiligung

Die virtuelle Mitarbeiterbeteiligung spiegelt die Gewährung echter Anteile bzw. Anteilsoptionen im Rahmen der Vertragsgestaltung. Wesentlicher Unterschied ist, dass am Ende der Programmlaufzeit keine Anteile gewährt werden, sondern lediglich eine Barzahlung erfolgt. Der wirtschaftliche Wert der Anteile wird somit lediglich schuldrechtlich („virtuell“) nachgebildet. Regelmäßig knüpft die Programmlaufzeit an ein Exit Event an, ohne den es zu keiner Zahlung kommt. Daneben enthält das Programm analoge Vertragskomponenten zur klassischen Mitarbeiterbeteiligung (insb. Vesting- und Leaver-Klauseln). Unterschieden wird zwischen zwei Arten der Ausgestaltung: Phantom Stocks stellen eine enge Anlehnung an echte Anteile schon im Zeitpunkt der Gewährung dar. Sie vermitteln bei der Berechnung des Auszahlungsanspruchs den gleichen Anteil am Unternehmenswert wie ein echter Anteil. Stock Appreciation Rights bilden demgegenüber die Wertsteigerung des Unternehmenswertes zwischen Ausgabe und Programmende ab. Sie erfordern entsprechend schon bei Programmaufsetzung, dass ein Unternehmenswert bestimmt wird, um die Wertsteigerung im Exit Event messen zu können.

Vor- und Nachteile

Gesellschafterrechte

Ab Zuteilung echter Anteile stehen dem Mitarbeiter sämtliche Gesellschafterrechte wie Auskunfts-, Informations- und Stimmrechte zu. Für die (Alt-) Gesellschafter bedeutet dies, dass ihre Kapitalbeteiligung verwässert wird und die Corporate Governance Strukturen komplexer werden. Insbesondere bei Start-Ups, die auf schnelles Wachstum über Finanzierungsrunden und einen möglichen Exit abzielen, ist diese Verkomplizierung der gesellschaftsrechtlichen Strukturen nicht zu unterschätzen. Wer die Anteile in einer Mitarbeitergesellschaft oder über Zwischenschaltung eines Treuhänders bündelt, kann derartige Effekte abschwächen. Gleichwohl macht dies die Programmausgestaltung komplexer. Virtuelle Anteile vermitteln demgegenüber keine Gesellschafterrechte und schränken die (Alt-) Gesellschafter in ihrer Handlungsfreiheit nicht ein.

Unternehmensidentifikation

Die Gewährung von echten Anteilen erreicht, dass sich der Mitarbeiter stark mit dem Start-Up identifiziert und echte Mitunternehmerschaft entfaltet. Der Mitarbeiter wird zum Gesellschafter und nimmt an einem finanziellen Erfolg des Start-ups durch Gewinnausschüttungen oder im Falle eines Exits durch den Veräußerungserlös der Anteile unmittelbar teil. Das virtuelle Mitarbeiterbeteiligungsprogramm kommt in der Regel erst zum Exit Event zum Tragen. Davor sorgt es „nur“ für Mitarbeitermotivationseffekte, Gesellschafterrechte fehlen. Erst beim Exit Event (und auch dann nur „virtuell“) sitzt der Mitarbeiter „mit am Tisch“.

Liquiditätserwägungen

Die so gewonnene Handlungsfreiheit geht einher mit Einbußen auf Vermögensseite, entweder der Gesellschaft oder der Gesellschafter, die bei der richtigen Ausgestaltung jedoch zu vernachlässigen sind. Spiegelbild der fehlenden Kapitalverwässerung bei virtuellen Programmen ist der mit der Barauszahlung einhergehende Liquiditätsabfluss, der zu einer Vermögensverwässerung führt. In der Praxis stellen die Gesellschafter jedoch regelmäßig die Gesellschaft von den Barzahlungsansprüchen der Mitarbeiter aus virtuellen Programmen frei. Hierdurch werden die Ansprüche der Mitarbeiter nicht zur (kaufpreismindernden) Verhandlungsmasse im Rahmen von Exit-Gesprächen und in der Praxis regelmäßig von Finanzämtern als Anschaffungskosten anerkannt. Damit ist dieser Liquiditätsabfluss zu vernachlässigen, da es irrelevant für die (Alt-)Gesellschafter ist, ob sie wegen Kapitalverwässerung bei Gewährung echter Anteile geringer am Exit-Erlös partizipieren oder voll partizipieren und dafür die Gesellschaft für Ansprüche aus dem virtuellen Programm freistellen müssen. Hierfür ist jedoch erforderlich, dass der Exit Event mit einer Veräußerung von Anteilen auf Seiten der Gesellschafter einhergeht. Bei einem Asset Deal sollten die Programme demgegenüber von der Gesellschaft bedient werden (und sind dann Betriebsausgaben).

Eigenkapitalbasierte Programme verbessern demgegenüber die Liquidität des Start-Ups, da, anders als bei rein virtuellen Anteilen, das Stammkapital der Gesellschaft erhöht wird und der (in der Regel Vorzugs-)Erwerbspreis von dem Mitarbeiter eingezahlt werden muss. Im Gegenzug dazu muss der Mitarbeiter ausreichende Mittel zur Verfügung haben, die Anteile erwerben zu können. Hinzu kommt aus steuerlicher Sicht, dass, sofern der Erwerbspreis nicht dem tatsächlichen Wert der Anteile entspricht, die Differenz als Arbeitslohn voll zu versteuern ist, obwohl der jeweilige Mitarbeiter noch keinen Veräußerungserlös mit den Anteilen erzielt hat bzw. erzielen kann. Dies kann zu Liquiditätsengpässen bei den betroffenen Mitarbeitern führen. Abgeschwächt werden derartige Effekte durch das Aufsetzen eines sog. Tandem-Programms. Hier erfolgt eine Anteilsgewährung mit Barzahlungskomponente, die es der Gesellschaft erlaubt, die Steuerlast bar für den Mitarbeiter zu begleichen und entsprechend weniger Anteile auszugeben. Dies zieht das Liquiditätsrisiko vom Mitarbeiter auf die Ebene der Gesellschaft und sollte daher nicht unbedacht gewährt werden.

Steuerrechtliche Erwägungen

Wie bereits dargestellt führen zu vergünstigten Erwerbspreisen ausgegebene Anteile zu einer Lohnsteuerbelastung auf Seiten der Mitarbeiter. Ab Ausgabe werden Gewinnausschüttungen und Exit-Erlöse dann jedoch als Kapitaleinkünfte und nicht als Arbeitseinkünfte versteuert. Demgegenüber stellen sämtliche Auszahlungen im Zusammenhang mit einem virtuellen Programm Arbeitseinkünfte dar und sind somit steuerlich weniger attraktiv für den Mitarbeiter.

Komplexität

In der vertraglichen Gestaltung ähneln sich beide Programmarten. Die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung der eigenkapitalbasierten Programme (versus der rein schuldrechtlichen bei virtuellen Programmen) erfordert wegen der Übertragung von Anteilen eine notarielle Beurkundung der Verträge und führt somit zu Zeit- wie Kostenaufwand. Scheidet der Mitarbeiter während der Programmlaufzeit aus und sollen ihm Anteile wegen einer Leaver- oder Claw-Back-Klausel wieder entzogen werden, ist eine entsprechende Rückabwicklung erforderlich. Unter Umständen wird diese Rückübertragung über rechtliche Auseinandersetzungen (die bei Entzug der Anteile naheliegen) verkompliziert und sogar hinausgezögert. Als rein schuldrechtlicher Vertrag ohne korporative Elemente können virtuelle Mitarbeiterbeteiligungsprogramme demgegenüber flexibel aufgesetzt und aufgehoben werden.

Praxistipp

Die vorgenannten Punkte zeigen auf, dass vor Einführung eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms vielfältige Überlegungen anzustellen sind. Dabei sollten insbesondere die folgenden Fragestellungen behandelt werden:

  • Welche Programmausgestaltung tragen die Gesellschafter und etwaige zukünftige Investoren mit?
  • Soll ein breiter Mitarbeiterkreis (Tendenz: virtuelle Anteile), einzelne Mitarbeiter oder eine als unverzichtbar für den Unternehmenserfolg einzustufende Person (Tendenz: echte Anteile) beteiligt werden?
  • Welche Exit-Events werden angestrebt?
  • Soll das Programm steuerlich für Mitarbeiter (vor allem in früher Gründungsphase: echte Anteile) optimiert werden?
  • Wie viel Wert wird auf Mitarbeitermotivation und -identifikation mit dem Start-Up (echte Anteile) versus reiner Mitarbeitermotivation (virtuelle Anteile) gelegt?

Schließlich sollte bei der Umsetzung ein entscheidender Punkt nicht außer Acht gelassen werden: Sowohl die Gewährung echter, als auch virtueller Anteile dient letztlich der Motivation der Mitarbeiter, den Unternehmenswert bestmöglich zu steigern. Trotz einer Markttendenz zu immer komplexer werdenden Beteiligungsprogrammen ist daher immer sicherzustellen, dass die Programme für den Mitarbeiter verständlich ausgestaltet sind, damit diese Motivationseffekte auch erreicht werden.  

 

 

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