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Beitrags Sprache: Deutsch
Unter-Überschrift: Verfolgung von Online-Bildrechtsverletzungen durch nichtanwaltliche Dienstleister
Lesezeit 15 Min.
Beitrags Kategorie: Urheberrecht
Beitrags Art: Wissenschaftlicher Artikel
Farbe: Blau
Dipl-Jur. (Univ.) Florian Skupin, M.A.
Externer Doktorand | Universität Bayreuth

„Legal Tech“ ist derzeit das Schlagwort für den Aufbruch in die Digitalisierung des Rechtsmarktes und mittlerweile Gegenstand zahlreicher rechtswissenschaftlicher Veröffentlichungen. Daneben finden sich in den verschiedensten Rechtsgebieten zwischenzeitlich Leistungsangebote nicht als Anwaltskanzlei zugelassener Dienstleister[1], die unter Nutzung verschiedener Geschäftsmodelle[2] auf dem Rechtsdienstleistungsmarkt interagieren. Kaum Beachtung fanden bislang allerdings die im sogenannten „grünen Recht“[3] vorhandenen Leistungsangebote nichtanwaltlicher Dienstleister. Dabei erfreut sich „Legal Tech“ auch bei der Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen – spezifisch in den Fällen der unautorisierten Verwendung urheberrechtlich geschützter Lichtbildwerke (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG) oder Lichtbilder (§ 72 UrhG) im Internet – großer Beliebtheit.

So haben sich etliche Unternehmen darauf spezialisiert, Rechteinhaber mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen bei der – teils weltweiten – Durchsetzung ihrer bestehenden Ausschließlichkeitsrechte zu unterstützen. Der vorliegende Beitrag soll nach einer kurzen Vorstellung der bei Online-Bildrechtsverletzungen bestehenden Ansprüche der Rechteinhaber (I.) die Möglichkeiten nichtanwaltlicher Dienstleister bei der Verfolgung von Online-Bildrechtsverletzungen aufzeigen (II.). Der Beitrag fokussiert sich hierbei auf jene nichtanwaltlichen Leistungsangebote, welche nach der Klassifikation von Goodenough[4] der Kategorie „Legal Tech 2.0“ zuzuordnen sind und somit zu einer disruptiven Wirkung auf dem Rechtsdienstleistungsmarkt führen, indem nichtanwaltliche Dienstleister infolge automatisierter Fallbearbeitung in Konkurrenz zu originären anwaltlichen Leistungsangeboten treten.


 

 

 

Ansprüche der Rechteinhaber bei Online-Bildrechtsverletzungen

Nach § 15 Abs. 1, 2 UrhG steht dem Urheber als Schöpfer des Werkes (§ 7 UrhG) bzw. dem Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechtes (§ 31 Abs. 1, 3 UrhG) das alleinige Recht zur Nutzung des nach § 2 UrhG urheberrechtlich geschützten Werkes zu. Im Falle von Fotografien kommt vorliegend ein Schutz als Lichtbildwerke nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG in Betracht; jedenfalls sind Fotografien aber als Lichtbilder nach § 72 Abs. 1 UrhG geschützt, auf die die Regelungen des ersten Abschnittes des UrhG entsprechende Anwendung finden. Neben dem bestehenden Ausschließlichkeitsrecht hat der Urheber als Ausfluss aus seinem Urheberpersönlichkeitsrecht[5] zudem einen Anspruch auf seine Benennung als Urheber, § 13 UrhG. Bei Verwendung einer Fotografie im Internet ohne Genehmigung oder außerhalb der vom Rechteinhaber eingeräumten Lizenz kommt es zu einem Eingriff in das Ausschließlichkeitsrecht des Rechteinhabers. In der Regel sind in diesen Fällen Verletzungen des Vervielfältigungsrechts nach § 16 UrhG sowie des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG als benannte Ausschließlichkeitsrechte gegeben. Regelmäßig wird es in solch einer Situation auch an einer entsprechenden Urheberbezeichnung mangeln, sodass es gleichsam zu einer Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts nach § 13 Satz 2 UrhG kommt.

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In diesem Falle hat der Rechteinhaber gemäß § 97 Abs. 1 UrhG einen Anspruch auf Beseitigung der unautorisierten Bildverwendung. Zudem steht dem Rechteinhaber ein auf die Zukunft gerichteter Unterlassungsanspruch zu, welcher außergerichtlich seitens des Rechtsverletzers durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erfüllt werden kann. In diesem Falle entfällt die durch die Rechtsverletzung indizierte Wiederholungsgefahr.[6]

Weiterhin steht dem Rechteinhaber bei schuldhaftem Handeln des Rechtsverletzers ein Schadensersatzanspruch in Bezug auf die unautorisierte Bildnutzung zu, wobei § 97 Abs. 2 UrhG drei verschiedene Möglichkeiten der Schadensberechnung vorsieht.[7] Zur Schadensermittlung kommt dem Rechteinhaber zudem ein Auskunftsanspruch in Bezug auf Dauer und Umfang der unautorisierten Nutzung der Fotografie zu.[8] Sofern der Rechteinhaber im Wege einer anwaltlichen Abmahnung vorgeht und diese bei Wahrung der formellen Voraussetzungen des § 97a Abs. 2 UrhG materiellrechtlich berechtigt ist, kann der Rechteinhaber zudem nach § 97a Abs. 3 UrhG den Ersatz der hierfür erforderlichen Aufwendungen vom Rechtsverletzer verlangen. Nach obergerichtlicher Rechtsprechung hat ein Rechteinhaber zudem einen Anspruch auf Erstattung jener Kosten, die zur gerichtsverwertbaren Dokumentation der Rechtsverletzung angefallen sind.[9]

Bei trotz Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung fortgesetzter Bildnutzung hat der Rechteinhaber infolge der Verwirkung der Vertragsstrafe einen monetären Anspruch aus § 339 BGB i.V.m. dem geschlossenen Unterlassungsvertrag.


Möglichkeiten nichtanwaltlicher Dienstleister bei der Verfolgung von Online-Bildrechtsverletzungen

Nachfolgend sollen zunächst die bei der Leistungserbringung durch nichtanwaltliche Dienstleister zu beachtenden Restriktionen vorgestellt werden (1.), bevor eine Analyse möglicher Geschäftsmodelle nichtanwaltlicher Dienstleister bei der Verfolgung von Online-Bildrechtsverletzungen erfolgt (2.).


Bestehende Restriktionen

Erfolgt die Verfolgung von Online-Bildrechtsverletzungen durch Rechtsanwälte, so ergeben sich die Restriktionen hinsichtlich Mandatsakquise und Konditionen der Leistungserbringung primär aus der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) sowie der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA). So verbietet etwa § 49b Abs. 2 BRAO Rechtsanwälten weitgehend die Vereinbarung eines Erfolgshonorars für die anwaltliche Leistungserbringung; dies gilt auch für Umgehungsgeschäfte wie beispielsweise anwaltlich betriebenen Forderungskauf[10] oder die Prozessfinanzierung durch Anwälte.[11] Allerdings ist festzuhalten, dass für nichtanwaltliche Dienstleister der Anwendungsbereich der BRAO bzw. der BORA mangels Anwaltszulassung nicht eröffnet ist, mithin die hier vorhandenen Restriktionen nicht einschlägig sind. Vielmehr können sich die Restriktionen bei den Leistungsangeboten nichtanwaltlicher Dienstleister im Legal Tech-Bereich aus dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) bzw. aus dem Kreditwesengesetz (KWG) ergeben.


Restriktionen aus dem RDG

Das RDG regelt die Befugnis zur nationalen außergerichtlichen Erbringung von Rechtsdienstleistungen, vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 RDG. § 3 RDG verdeutlicht, dass es sich bei dem RDG um ein Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt handelt[12]: Nur wenn das RDG oder ein anderes Gesetz – etwa für Rechtsanwälte § 3 BRAO – eine entsprechende Regelung vorhält, ist die Erbringung außergerichtlicher, selbstständiger Rechtsdienstleistung erlaubt. Der Begriff der Rechtsdienstleistung wird in § 2 RDG definiert, wobei die Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 2 Abs. 1 RDG durchaus umstritten ist.[13] Ungeachtet der unwiderlegbaren Vermutung des Vorliegens einer Rechtsdienstleistung bei Inkassodienstleistungen nach § 2 Abs. 2 RDG und des Negativkatalogs in § 2 Abs. 3 RDG ist unter Rechtsdienstleistung (a) jede Tätigkeit in (b) konkreten (c) fremden Angelegenheiten zu verstehen, sobald sie eine (d) rechtliche Prüfung des (e) Einzelfalls (f) erfordert. Nach der Rechtsprechung des BGH wird unter Verweis auf die juristischen Auslegungsmethoden hierunter „jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen [verstanden], die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht.“[14] Auf Schwierigkeit oder Umfang einer rechtlichen Prüfung kommt es indes nicht an.[15] Die in der Praxis vorzunehmende Abwägung[16], ob eine erlaubnispflichtige rechtliche Prüfung bzw. eine rein schematische, erlaubnisfreie Anwendung von Rechtsnormen vorliegt, gestaltet sich im Einzelfall schwierig, ist jedoch von entscheidender Bedeutung für die Legalität der Leistungsangebote nichtanwaltlicher Dienstleister. Ergibt die Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 2 Abs. 1 RDG, dass eine Rechtsdienstleistung vorliegt und weder eine reine Nebenleistung im Sinne des § 5 RDG gegeben ist, noch die Tätigkeit unter die Erlaubnisfreiheit der §§ 6-8 RDG fällt, benötigt der nichtanwaltliche Dienstleister eine entsprechende Erlaubnis zur Erbringung der Rechtsdienstleistungen.

In der Praxis greifen nichtanwaltliche Dienstleister häufig darauf zurück, sich infolge des Nachweises besonderer Sachkunde nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG als Inkassodienstleister registrieren zu lassen. Dies führte in der Vergangenheit jedoch zu einer Reihe von Unsicherheiten: Fraglich war zum einen, in welchem Umfang als Inkassodienstleister registrierte nichtanwaltliche Dienstleister weitergehende rechtliche Prüfungen im Zusammenhang mit der Inkassoforderung vornehmen dürfen.[17]

Zum anderen war heftig umstritten, inwieweit es bei einem nichtanwaltlichen Inkassodienstleister zu einem Interessenkonflikt und in der Folge zu einer nach § 4 RDG unzulässigen Leistungserbringung kommt, wenn dieser im Zuge sog. „No win – no fee“-Geschäftsmodelle den Kunden zusätzlich im Wege einer Prozessfinanzierung von den Kosten der Rechtsverfolgung freistellt[18] und welche Rechtsfolgen ein etwaiger Verstoß gegen das RDG in Bezug auf das Verfügungsgeschäft der Zession zum Zwecke der Einziehung durch den Inkassodienstleister hätte.

Wie medial zu entnehmen ist,[19] hat sich der Bundesgerichtshof mit seinem Grundsatzurteil vom 27.11.2019 (Az. VIII ZR 285/18, bislang unveröffentlicht) – aus Sicht der nichtanwaltlichen Dienstleister erfreulich ausführlich – mit den aufgekommenen rechtlichen Fragestellungen beschäftigt und insoweit für ein Stück weit Rechtssicherheit für nichtanwaltliche Dienstleister bei ihrer Leistungserbringung gesorgt.

Unter Bezugnahme auf zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts[20] und der Intention des Gesetzgebers bei der Schaffung des RDG im Jahr 2008 – nämlich auch die Entwicklung neuer Berufsbilder bei der außergerichtlichen Erbringung von Rechtsdienstleistungen zu fördern – legt der 8. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs den Begriff der Inkassodienstleistung eher weit aus. Demnach sind jedenfalls jene Maßnahmen von der Tätigkeitserlaubnis als Inkassodienstleister nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG gedeckt, welche eng mit der Einziehung einer Forderung zusammenhängen und der Verwirklichung der Forderung dienen. Insbesondere hat der BGH in seiner Entscheidung auch deutlich gemacht, dass ein Kombinationsangebot eines nichtanwaltlichen Dienstleisters, bestehend aus Prozessfinanzierung und Inkassodienstleistung, zu keiner Interessenkollision nach § 4 RDG führt. Insoweit sei bereits keine „andere Leistungspflicht“ gegeben, wie sie nach § 4 RDG notwendig wäre, sondern Inkassoauftrag und Prozessfinanzierung bildeten eine einheitliche Leistungspflicht.

Der Bundesgerichtshof machte allerdings – in Fortführung seiner Rechtsprechung zu Anbietern, die ohne jegliche Registrierung als Inkassodienstleister fungierten – deutlich, dass ein Verstoß gegen das RDG nicht nur nach § 134 BGB zur Nichtigkeit des schuldrechtlichen Vertrages, sondern ebenfalls zur Nichtigkeit der Forderungsabtretung führt, sofern die sich aus dem Rechtsdienstleistungsgesetz ergebene Dienstleistungsbefugnis eindeutig und nicht nur geringfügig überschritten wird.


Restriktionen aus dem KWG

Restriktionen für nichtanwaltliche Leistungsangebote können sich ebenfalls aus dem KWG ergeben. Denn je nach Ausgestaltung vom Geschäftsmodell des nichtanwaltlichen Dienstleisters könnte der Factoring-Tatbestand des § 1 Abs. 1a Nr. 9 KWG erfüllt sein, wenn der nichtanwaltliche Dienstleister dem Rechteinhaber laufend urheberrechtliche Lizenzschadensersatzforderungen auf der Grundlage von Rahmenverträgen abkauft. Selbst bei einem echten Factoring, also der Übernahme des Delkredererisikos durch den nichtanwaltlichen Dienstleister, würde ein solches gewerbsmäßiges Vorgehen nach § 32 KWG – abgesehen von den Fällen des Fälligkeitsfactorings – grundsätzlich der Erlaubnispflicht unterfallen.[21]


Geschäftsmodelle nichtanwaltlicher Dienstleister

Unter Berücksichtigung der vorgestellten Restriktionen ist nunmehr die Frage aufzuwerfen, welche Geschäftsmodelle nichtanwaltliche Dienstleister im Zusammenhang mit Online-Bildrechtsverletzungen anbieten können und welche rechtlichen Aspekte insoweit zu beachten sind. Bei Betrachtung der auf dem Markt befindlichen Leistungsangebote nichtanwaltlicher Dienstleister fällt auf, dass häufig ein Kombinationsprodukt aus „Recherche nach Bildverwendungen“ sowie „Verfolgung der Online-Bildrechtsverletzung“ angeboten wird. Gleichwohl muss hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung der Leistungsangebote streng zwischen diesen beiden Leistungsbausteinen unterschieden werden.


Recherche nach Bildverwendungen

Technisch gesehen handelt es sich bei der Recherche nach Bildverwendungen um einen reinen Algorithmus-basierten Abgleich[22] der vom Rechteinhaber eingereichten Fotografien mit im Internet aufgefundenen Werken. Unabhängig von der hier nicht näher zu betrachtenden Fragestellung, inwieweit es zulässig ist, potentielle Verwendungen der überwachten Fotografien durch automatisierte Ergebnisabfragen in bestehenden Reverse Image Search – Angeboten von Suchmaschinen zu ermitteln, steht die rein technische Recherche nach Bildverwendungen im Einklang mit den Vorschriften des RDG, da insoweit keine Rechtsdienstleistung vorliegt. Etwas anderes dürfte allerdings gelten, wenn neben der reinen technischen Suchdienstleistung zusätzlich – ggf. automatisiert – rechtliche Einschätzungen seitens des nichtanwaltlichen Dienstleisters zu den Fundstellen abgegeben werden – etwa eine Beurteilung, ob sich die Verwendung einer Fotografie im Einklang mit den zugrunde liegenden Nutzungsbedingungen wie beispielsweise Creative-Commons-Lizenzen befindet oder ob ein lediglich auf einem Server befindliches Lichtbild eine öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG darstellt.


Verfolgung von Online-Bildrechtsverletzungen

Bezieht sich das Leistungsangebot direkt auf die Verfolgung von bereits aufgefundenen Online-Bildrechtsverletzungen, so erscheinen eine Vielzahl möglicher Partizipationsformen für nichtanwaltliche Dienstleister denkbar, die nachfolgend zur Vermeidung aufsichts- bzw. wettbewerbsrechtlicher Konsequenzen jeweils auf ihre Vereinbarkeit mit den vorbeschriebenen Restriktionen hin untersucht werden sollen.


Koordination der Kommunikation mit Rechtsanwälten

Einige Angebote nichtanwaltlicher Dienstleister koordinieren zusätzlich zur Recherche nach Bildverwendungen die Kommunikation zwischen den Rechteinhabern und von ihnen empfohlenen, auf Urheberrecht spezialisierten Vertragsanwälte, indem diese etwa die Fälle für die anwaltliche Bearbeitung aufbereiten. Für diese Leistung erhalten die Unternehmen in der Regel eine prozentuale Beteiligung am erzielten Lizenzschadensersatz aus der Urheberrechtsverletzung.

Zur Wahrung der Vereinbarkeit der Leistungsangebote der nichtanwaltlichen Dienstleister mit dem RDG ist jedoch zu beachten, dass diese nicht in den Prozess der rechtlichen Prüfung der Ansprüche integriert werden dürfen. Weiterhin muss in solch einer Konstellation sichergestellt sein, dass der nichtanwaltliche Dienstleister keine Schlüsselrolle in der Dreiecksbeziehung zwischen Auftraggeber, Vertragsanwälten und nichtanwaltlichem Dienstleister einnimmt. Anderenfalls droht nach der Rechtsprechung des BGH trotz eines eigenständigen Mandatsverhältnisses zwischen Auftraggeber und Vertragsanwälten die Einstufung der Vertragsanwälte als Erfüllungsgehilfe des nichtanwaltlichen Dienstleisters[23] mit der Folge, dass der nichtanwaltliche Dienstleister infolge der Zurechnung der Rechtsdienstleistung selbst den Restriktionen des RDG unterfällt. Hieran ändert auch die Einschaltung von zur Anwaltschaft zugelassener Erfüllungsgehilfen nichts.[24]


Aussprechen von urheberrechtlichen Abmahnungen für den Rechteinhaber

Sofern ein nichtanwaltlicher Dienstleister für den Rechteinhaber den Unterlassungsanspruch durch Aussprechen einer Abmahnung i.S.d. § 97a Abs. 1 UrhG geltend macht, liegt hierin eine Rechtsdienstleistung i.S.d. § 2 Abs. 1 RDG. Denn das Aussprechen einer Abmahnung erfordert eine rechtliche Prüfung im Einzelfall, um die konkrete Rechtsverletzung und die daraus resultierenden Unterlassungsansprüche der Rechteinhaber zu ermitteln. Anderenfalls droht nämlich die Gefahr, dass die ausgesprochene Abmahnung unwirksam i.S.d. § 97a Abs. 2 Satz 2 UrhG ist, was die für den Rechteinhaber negative Kostenfolge des § 97a Abs. 4 Satz 1 UrhG auslösen würde. Somit bedürfte der nichtanwaltliche Dienstleister einer Erlaubnis i.S.d. RDG, sofern es sich nicht um eine erlaubnisfreie Nebentätigkeit i.S.d. § 5 RDG handelt oder die Voraussetzungen des § 6 RDG gegeben sind. Vorliegend handelt es sich für einen nichtanwaltlichen Dienstleister, der sich auf die Verfolgung von Online-Bildrechtsverletzungen spezialisiert hat, beim Aussprechen einer urheberrechtlichen Abmahnung gerade nicht um eine Nebenleistung i.S.d. § 5 RDG, sondern diese ist elementares Erfüllungsinstrument der gegenüber dem Rechteinhaber geschuldeten Leistungspflicht. Mangels Unentgeltlichkeit kommt auch keine Erlaubnisfreiheit nach § 6 RDG in Betracht. Problematisch ist vorliegend, dass ein nichtanwaltlicher Dienstleister zwar die Möglichkeit der Registrierung als Inkassodienstleister nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG hat. Diese erlaubt nach der Konzeptionierung des RDG jedoch nur die Einziehung fremder oder zum Zwecke der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen sowie die Prüfung des Bestehens der Forderung[25], sodass die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gerade nicht durch die Erlaubnis des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG legitimiert werden kann. Mithin hat ein nichtanwaltlicher Dienstleister keine Möglichkeit, für Rechteinhaber urheberrechtliche Abmahnungen auszusprechen. Auch die jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofs führt hier zu keinem anderen Ergebnis: Selbst wenn man die Auffassung vertreten würde, dass das Aussprechen einer urheberrechtlichen Abmahnung in einem engen Zusammenhang mit der Einziehung der Lizenzschadensersatzforderung stünde, so würde die vom BGH kumulativ aufgestellte zweite Voraussetzung – das Dienen zur „Verwirklichung der Forderung“ – nicht erfüllt werden. Denn letztlich dient die urheberrechtliche Abmahnung der außergerichtlichen Geltendmachung des bestehenden urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs, welcher insoweit einen zur Lizenzschadensersatzforderung eigenständigen Streitgegenstand begründet.


Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen für den Rechteinhaber

Sofern lediglich Lizenzschadensersatzansprüche für den Rechteinhaber geltend gemacht werden, ist hierin eine klassische Inkassodienstleistung i.S.d. § 2 Abs. 2 RDG zu sehen, welche ein nichtanwaltlicher Dienstleister nach Registrierung als Inkassodienstleister i.S.d. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG erbringen dürfte. Hinsichtlich dieser Lösung ist allerdings zu hinterfragen, wie attraktiv diese für den Rechteinhaber ist, da infolge der Nichtdurchsetzung vom Unterlassungsanspruch letztlich kein wirkungsvolles Mittel in Form von Unterlassungserklärung oder -urteil zur Unterbindung fortgesetzter Bildverwendungen vorliegt.


Prozessfinanzierung

Grundsätzlich erlaubnisfrei[26] ist die Tätigkeit nichtanwaltlicher Dienstleister als Prozessfinanzierer, in dessen Rahmen sie den Rechteinhaber von den Kosten der urheberrechtlichen Rechtsdurchsetzung freistellen, sollte eine Erstattung der Durchsetzungskosten durch den Rechtsverletzer nicht erfolgen müssen bzw. können. Wie auch schon unter aa. sollte bei dieser Konstellation allerdings berücksichtigt werden, dass einerseits der prozessfinanzierende nichtanwaltliche Dienstleister keinen erheblichen Einfluss auf die Direktbeziehung zwischen Rechteinhaber und Anwalt hat, andererseits die mandatierten Anwälte gesellschaftsrechtlich nicht mehrheitlich am Prozessfinanzierer beteiligt sind.


Durchsetzung von im Wege des Rechtskaufes übergegangener Ansprüche

Auch besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass ein nichtanwaltlicher Dienstleister dem Rechteinhaber seine bestehenden Schadensersatzansprüche im Wege des Rechtskaufes nach §§ 453, 433 BGB abkauft und diese durch Abtretung nach § 398 BGB auf den nichtanwaltlichen Dienstleister übergehen, welcher diese im eigenen Namen auf eigenes wirtschaftliches Risiko hin durchsetzen kann. Dieses Modell wird von nichtanwaltlichen Dienstleistern beispielsweise auch im Bereich der Fluggastrechte vermehrt eingesetzt.[27] Für den Ankauf von Forderungen ist keine Erlaubnis nach dem RDG notwendig.[28] Da der Lizenzschadensersatzanspruch des Rechteinhabers zudem bereits mit unautorisierter Verwendung der Fotografie fällig wird, entfällt ebenfalls die Finanzierungsfunktion des echten Factorings mit der Folge, dass es keiner Erlaubnis nach § 32 KWG bedarf.


Mischformen

Wie auch im Bereich der Fluggastrechte gibt es auch bei der Verfolgung von Online-Bildrechtsverletzungen Mischformen der Angebote. So gibt es beispielsweise einige Anbieter, die die sog. „No win - no fee“ - Geschäftsmodelle verfolgen, also somit ursprünglich als Inkassodienstleister tätig werden, gleichzeitig im Falle einer nicht erfolgreichen Anspruchsdurchsetzung jedoch auch sämtliche Verfahrenskosten tragen. Die jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat hierbei dazu geführt, dass nichtanwaltliche Dienstleister die von ihnen eingeschlagenen Geschäftsmodelle mangels Verstoßes gegen § 4 RDG zukünftig mit einem erhöhten Maß an Rechtssicherheit verfolgen können, was nicht zuletzt der effektiven Durchsetzung urheberrechtlicher Ansprüche von Rechteinhabern zugutekommt.


Fazit

Der vorliegende Beitrag zeigt, dass es durchaus vielfältige Möglichkeiten für nichtanwaltliche Dienstleister gibt, ihr Geschäftsmodell – mit unterschiedlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten – auf die Verfolgung von Online-Bildrechtsverletzungen auszurichten. Wichtig ist allerdings die sorgfältige Konzeptionierung des Leistungsangebotes, um späteren aufsichts- bzw. wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten vorzubeugen. Gerade letztere können für kleinere StartUps vor dem Hintergrund drohender hoher Streitwerte in wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsverfahren gegen Legal-Tech-Angebote[29] existenzgefährdend sein. 

 

 


[1] Für eine zusammenfassende Übersicht vgl. beispielhaft die Kategorie „Rechtsprodukte“ unter https://legal-tech-verzeichnis.de/ (03.11.2019).
[2] Dazu siehe unten II.
[3] Es handelt sich hierbei in Anlehnung an die Titelfarbe der Zeitschrift GRUR um einen Sammelbegriff für die Rechtsgebiete Geistiges Eigentum, Urheberrecht, Medienrecht und Wettbewerbsrecht.
[4] Goodenough, Legal Technology 3.0, abrufbar unter: https://www.huffpost.com/entry/legal-technology-30_b_6603658?guccounter=1 (03.11.2019).
[5] Fromm/Nordemann/Dustmann, Vor §§ 12-14 UrhG, Rn. 3.
[6] Wandtke/Bullinger/von Wolff, § 97 UrhG, Rn. 36.
[7] Fromm/Nordemann/J.B.Nordemann, § 97, Rn. 68.
[8] Wandtke/Bullinger/von Wolff, § 97 UrhG, Rn. 46.
[9] OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.12.2018, Az. 11 U 88/17; OLG München ZUM-RD 2019, 467.
[10] Kleine-Cosack, § 49b BRAO, Rn. 29 m.w.N.
[11] Vgl. insoweit die Regelung des § 49b Abs. 2 Satz 2 BRAO; auch OLG München NJW 2012, 2208.
[12] Deckenbrock/Henssler/Seichter, § 3 RDG, Rn. 1.
[13] Beispielhaft Kleine-Cosack, § 2 RDG, Rn. 1.
[14] BGH GRUR 2016, 820.
[15] So etwa Deckenbrock/Henssler/Deckenbrock/Henssler, § 2 RDG, Rn. 38.
[16] Krenzler, in: Krenzler (Hrsg.), § 2 RDG, Rn. 16.
[17] Vgl. das Leistungsangebot von wenigermiete.de, dessen Vereinbarkeit mit dem RDG von verschiedenen Kammern des LG Berlin uneinheitlich beurteilt worden ist: So stuften die 63. und 67. Zivilkammer den von wenigermiete.de vorgehaltenen Prüfrechner als Verstoß gegen das RDG ein, während die 65., 66. und 15. Zivilkammer keinen Verstoß gegen das RDG erkennen vermochten.
[18] Einen Verstoß gegen § 4 RDG bejahend Kluth, VuR 2018, 403; Henssler, NJW 2019, 545; Valdini, BB 2017, 1609; Greger, AnwBl 2017, 932; ablehnend Römermann/Günther, NJW 2019, 551; Hartung, BB 2017, 2825; Morell, JZ 2019, 809.
[19] Pressemitteilung Nr. 153/2019 vom 27.11.2019, abrufbar unter: https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=0&nr=101606&linked=pm&Blank=1 (27.11.2019).
[20] BVerfG NJW 2002, 1190; BVerfG NJW-RR 2004, 1570.

[21] BT-Drs. 16/11108, S. 67.
[22] Als ein Algorithmen-Beispiel zum Ähnlichkeitsvergleich von Fotografien sei an dieser Stelle das perceptual hash – Projekt genannt, https://www.phash.org/. (09.11.2019)
[23] BGH openJur 2015, 21361, Rn. 24; BGH openJur 2011, 1661, Rn. 49.
[24] BGH GRUR 1987, 714, 715.
[25] Deckenbrock/Henssler/Rillig, § 10 RDG, Rn. 30.
[26] Etwa Grunewald, AnwBl. 2001, 540, 542.
[27] Vgl. beispielhaft das Leistungsangebot der WirkaufendeinenFlug.de GmbH,  https://www.wirkaufendeinenflug.de/de/, (03.11.2019)
[28] So auch BGH NJW 2014, 847.
[29] Jüngst wurde der Unterlassungsstreitwert im Verfahren um Smartlaw mit 250.000 EUR festgesetzt, vgl. LG Köln, Az. 33 O 35/19.