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Beitrags Sprache: Deutsch
Unter-Überschrift: Zu den Thesen einer jüngeren Dissertation
Lesezeit 5 Min.
Beitrags Kategorie: Kryptowährung
Beitrags Art: Rezension
Farbe: Blau
Dr. Konstantin Filbinger
Rechtsanwalt, THEOPARK Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB in Nürnberg

Der folgende Beitrag ist eine Buchrezension zu: Kütük-Markendorf, Rechtliche Einordnung von Internetwährungen im deutschen Rechtssystem am Beispiel von Bitcoin; Spindler/Wiebe (Hrsg.): Schriften zum Wirtschafts- und Medienrecht, Urheberrecht und Immaterialgüterrecht, Peter Lang, Frankfurt am Main.


 

 

 

Einleitung

Der Anfang der 2010er Jahre beginnende Trend um Internetwährungen, der in den letzten beiden Jahren in einen Hype umgeschlagen ist, stieß in der rechtswissenschaftlichen Literatur lange Zeit weitestgehend auf Desinteresse. Die Gründe dafür mögen auch in der Architektur der entsprechenden Systeme zu finden sein: Eine dogmatisch korrekte Verortung und rechtlich widerspruchsfreie Bewertung dieser Phänomene erfordert ein erhöhtes Verständnis technischer Zusammenhänge. Erfreulich ist deshalb, dass Kütük-Markendorf in seiner Dissertation „Rechtliche Einordnung von Internetwährungen im deutschen Rechtssystem am Beispiel von Bitcoin“ an zentrale ausgewählte Problemstellungen heran- und diese einer Lösung zuführt.

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Aufbau

Die Arbeit ist unterteilt in eine Einführung und ein darauffolgendes, 190 der 217 Buchseiten umfassendes, Hauptkapitel, die anschließende knappe Erörterung eines absoluten Rechts an konkreten Daten sowie eine Zusammenfassung der Ergebnisse.


Zentrales Kapitel, rechtliche Einordnung von Bitcoins

Das zentrale Kapitel liefert zunächst einen kurzen Abriss zum geschichtlichen Hintergrund und zur Funktionsweise des Bitcoinsystems, dessen informationstechnische Besonderheiten dargestellt werden, bevor sich der Autor einer Auflistung der Vor- und Nachteile im Vergleich zu „bisherigen zentralen Internetgeldern“ (S.30) widmet.
Sodann wird der internationale Diskussionsstand zur rechtlichen Behandlung von Kryptowährungen beleuchtet, woraufhin der Autor das Bezugsobjekt für die rechtliche Einordnung anspricht und hierbei zwischen der Blockchain als Infrastruktur des Systems und dem Schlüsselpaar Public/Private-Key differenziert. Eine Unterscheidung zwischen dem einem Public Key zugeordneten Guthaben und der Herrschaft über dieses durch Kenntnis der beiden Keys wird nicht erwogen.

Daraufhin klappert der Autor diverse Vorschriften darauf ab, ob sich Internetwährungen als Bar-/Buch- oder E-Geld, als Vermögensgut oder Finanzinstrument in den entsprechenden Normen einstufen lassen. Nicht thematisiert wird hingegen, ob Bitcoins als Geld im Sinne des BGB –der Begriff taucht in diesem Gesetz in 44 Fällen auf– zu lesen, oder eine Vergütung in Bitcoin als Zahlung (von „Zahlen“ spricht das BGB 10 Male, von Zahlung in 75 Fällen) zu verstehen ist. Welche Rechte in Bezug auf die Werteinheit bestehen, nachdem ein rechtsgrundloser Verlust über die Herrschaft eingetreten ist, wird nicht direkt erörtert. Zwar lehnt der Autor eine analoge Anwendung der Besitzregelung in § 854 BGB ab, begründet dies aber sehr knapp mit einem Hinweis auf den vermeintlich eindeutigen Wortlaut der Regelung. Indes begründet die schlichte Herrschaft über Kryptoguthaben durch Kenntnis des Public Key als kontonummernähnlicher Information und des Private Keys die Möglichkeit wirksamer Überweisungen; die Kontoherrschaft ist prima facie rein faktischer Natur und damit besitzähnlich. Zwar genügt zum effektiven Schutz einer auch vom Autor als schutzwürdig anerkannten Guthabensposition das Bereicherungs- oder das Deliktsrecht, eine weitergehende Auseinandersetzung mit der Anwendbarkeit besitzrechtlicher Vorschriften hätte vor diesem Hintergrund aber sicher nicht geschadet.

 


Eigentumsähnlicher Schutz virtueller Währungen

Sodann gelangt der Autor zur Kernfrage seiner Arbeit: Kommt der Innehabung von Kryptoguthaben im deutschen Recht ein eigentumsähnlicher Schutz zu? Dann müsste diese Position sich entweder als Eigentum oder als sonstiges –eigentumsähnliches– Recht einordnen lassen.
Die Rechtsprechung hat unter den Begriff des sonstigen Rechts insbesondere Positionen subsumiert, bei denen ein rechtspolitischer Wunsch nach besonderem (deliktischem) Schutz bestand und sich dies auch rechtsdogmatisch rechtfertigen ließ. So entstand auf Basis von Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG durch Rechtsfortbildung das „allgemeine Persönlichkeitsrecht“ oder das Recht des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs. Der Autor leuchtet deshalb die Gesetzeslage bezüglich Kryptowährungen auf eine etwaige Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit aus. Er stellt überzeugend dar, welcher Argumentationsaufwand nötig ist, um auch virtuelle Guthaben als sonstiges Recht zu verstehen und dadurch dem wohl bestehenden faktischen Schutzbedürfnis solcher Positionen zur Geltung zu verhelfen. Nach Darstellung der in der Literatur vertretenen Auffassungen zum Thema „Recht an Daten“ kommt er zu dem Schluss, dass das dogmatische Gerüst des BGB einen absoluten Schutz virtuellen Guthabens nicht zulässt. Im letzten Abschnitt verneint er nach sorgfältiger Abwägung auch die Existenz eines eigenständigen Rechts an konkreten Daten unter Betonung eines diesem Ergebnis widersprechenden praktischen Bedürfnisses.


Fazit

Als erste umfangreiche rechtliche Auseinandersetzung mit dem Thema Internetwährungen (abseits vom Steuerrecht, s. hierzu Hötzel, Virtuelle Währungen im System des deutschen Steuerrechts) weckt die Arbeit durchaus Interesse. Lohnenswert wäre die Herausarbeitung etwaiger Unterschiede je nach Art von Kryptowährung gewesen, insbesondere, weil zwar alle dieser Währungen auf dezentralen sogenannten Distributed-Ledger-Technologien basieren, diese ihrerseits neben der linear protokollierenden Blockchain allerdings auch die Möglichkeit einer netzartigen Tangle-Struktur kennen. Offen bleibt ferner, welche Voraussetzungen an eine rechtswirksame Übertragung der Konteninhaberschaft zu stellen sind. Gilt „Code is law“, sodass die reine Herrschaft über ein Konto auch die materiell-rechtliche Zugehörigkeit des Guthabensposten zu einem Rechtsträger begründet? Welches (Rechts-)Verhältnis herrscht zwischen dem Nutzer und den anderen Netzwerkteilnehmern (Otto hat hier auf die Parallelen zur Genossenschaftsidee hingewiesen, s. Otto, RI 2018, 16, 34)? Rechtssicherheit als Brückenpfeiler der Durchsetzungsfähigkeit von Kryptowährungen in der Praxis besteht erst, wenn auch solche Fragen geklärt sind.

 

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