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Beitrags Sprache: Deutsch
Unter-Überschrift: Möglichkeiten elektronischer Dokumentation
Lesezeit 15 Min.
Beitrags Kategorie: Dokumentenmanagement
Beitrags Art: Aufsatz
Farbe: Gruen
Peter Lotz M.C. J.
Rechtsanwalt, Attorney-At-Law (New York), Partner MAYRFELD LLP

Im Rechtswesen herrscht noch immer ein gespaltenes Verhältnis zur digitalen Transformation. Bestehen aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten wirklich Gründe für die Zurückhaltung bei der digitalen Transformation oder gibt es nicht doch Möglichkeiten für eine nachhaltige elektronische Dokumentation?


 

 

Einleitung

Ich kann mich noch gut an eine Unterhaltung vor einiger Zeit mit einem Kollegen aus einer anderen Kanzlei über die Nutzung eines Dokumentenmanagementsystems erinnern. Die Kanzlei nutzte eine Kanzleisoftware auf einem zentralen Server. Dennoch wurde jedes Dokument und jede E-Mail ausgedruckt und in Papierakten abgelegt. Der Kollege beschäftigte zwei Vollzeit-Sekretärinnen und eine Auszubildende, die alle Hände voll damit zu tun hatten, zu tippen, zu drucken und Akten abzulegen. Teilweise wurden sogar “Laufzettel” im Dezernat verwendet, auf denen Arbeitsanweisungen angekreuzt oder handschriftlich ergänzt wurden. Zur Kontrolle wurden diese ebenfalls zu den Akten gelegt. Auf die Frage, warum der Kollege denn nicht das Dokumentenmanagement seiner Kanzleisoftware benutze, erhielt ich die Antwort, bei Stromausfall käme er so noch an seine Dokumente. Allerdings verkannte der Kollege, dass bei Stromausfall bereits das elektronische Schloss des Bürogebäudes versagen und er mangels Zugang zum Büro trotzdem nicht zu seinen Akten gelangen würde. Der Kollege hatte jedoch ungeahnt einen anderen Punkt getroffen: Das Argument der Nachhaltigkeit. Die “Speicherung” seiner Dateien auf Papier erlaubte es ihm, seine Schriftsätze auch noch nach Jahren und unabhängig von verwendeten IT-Systemen lesen zu können. Aus der Arbeit mit Mandanten in streng regulierten Industrien ist bekannt, dass einige Unternehmen immer eine “Sicherungskopie” von - teilweise bis zu 30 Jahren aufzubewahrenden - Dokumenten in Papierform vorhalten. In der täglichen Arbeit sind die Schreibtische weitgehend papierlos, aber für den Fall der Fälle kann man in 30 Jahren auf ein säuberlich abgelegtes Papierdokument zurückgreifen.

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Ist das wirklich notwendig? Ich denke, viele Leser würden diese Frage recht deutlich bejahen. Wir alle haben schon einmal einen Systemwechsel erlebt, sei es durch die Installation eines neuen Betriebssystems, dem Wechsel von PC auf Mac oder auch nur dem Kauf eines neuen Computers. Danach merkt man plötzlich, dass es doch dieser einen Applikation bedarf, die gefühlt bereits seit Jahren ungenutzt auf der alten Festplatte schlummerte. Das Problem ist dann oft nur, dass es diese Applikation für das neue System nicht mehr gibt! Laut der Umfrage eines führenden Herstellers von Dokumentenmanagementsystemen haben nur ca. 35% der deutschen Top 200 Kanzleien (ausgenommen die deutschen Büros internationaler Kanzleien) ein Dokumentenmanagementsystem implementiert. Ich würde vermuten, dass weniger als 50% der Anwälte in diesen Kanzleien die vorgehaltenen Dokumentenmanagementsysteme vollumfänglich nutzen - und das aus verschiedenen Gründen. Bei der periodischen Nachfrage bei Kollegen wird deutlich, dass häufig noch immer große Skepsis besteht, ob auf “die (elektronische) Akte” wirklich nachhaltig zurückgegriffen werden kann, insbesondere wenn man doch einmal das System wechseln sollte.

2017 war das Jahr für LegalTech. Die Diskussion wurde beflügelt von Themen wie Experten-Systemen, AI, der Blockchain und Smart Contracts. Aber wie will sich LegalTech bei denjenigen Kollegen etablieren, die nach wie vor jeden Tag den Medienbruch zwischen digitaler und analoger Information, Dateien und Papier, leben? Auf der Legal (R)Evolution habe ich Hersteller von Dokumentenmanagementsystemen gefragt, welche Lösungen sie anbieten, damit ihre User auch nach einem Systemwechsel - zum Beispiel im Zuge eines Kanzleiwechsels - auf ihre Akten zugreifen können. Eine Standardlösung hatte keiner der Befragten im Programm. Aus der Beratung von Finanzinstituten ist mir bekannt, dass diese in der Regel die Zurverfügungstellung einer “Lesekopie” für den Fall der Beendigung ihrer Lizenzen vom Hersteller fordern. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit ist mir nur ein Hersteller von Dokumentenmanagementsystemen bekannt, der ein ähnliches Tool im Progamm hat. Gerade für Anwälte ist jedoch der nachhaltige Zugriff auf Informationen von essentieller Wichtigkeit. Befinden wir uns trotz des Hypes um LegalTech im Hinblick auf die Nachhaltigkeit von IT-Lösungen in der Rechtsberatung auf der Einbahnstraße? Ein Näherungsversuch zur Sensibilisierung für das Problem.


Nachhaltigkeitsparameter

Der Aspekt der Nachhaltigkeit elektronisch gespeicherter Informationen ist bereits seit längerer Zeit insbesondere im Rahmen der Langzeitarchivierung elektronischer Daten von Bedeutung. Neben dem Open Archival Information System (OAIS) Reference Model, haben insbesondere die Library of Congress wie auch verschiedene Universitäten (etwa die Stanford University und die Universität Göttingen) Richtlinien zur nachhaltigen elektronischen Dokumentation aufgestellt. Das OAIS Reference Model bildet inzwischen eine ISO-Norm. Zwei wesentliche Aspekte stellen (i) die Frage der (Langzeit-)Archivierung und (ii) der Systemkompatibilität dar.

Die Stanford University rät in ihren "Best practices for file formats" zu folgendem Vorgehen an: Wenn möglich, sollen Daten in offenen Dateiformaten und nicht in proprietären Dateiformaten gespeichert werden. Sofern ein proprietäres Format gewählt wird, sollten die entsprechenden Daten zusätzlich in einem offenen Dateiformat gespeichert werden.

Bei den zu wählenden Datei-Formaten sollen Datei-Formate bevorzugt werden, die unter anderem die folgenden Eigenschaften aufweisen:

  • sie sind nicht-proprietär (d.h. “offen” bzw. open source)
  • sie sind nicht verschlüsselt
  • sie sind nicht komprimiert (uncompressed)
  • es handelt sich um Formate, die gewöhnlich verwendet werden
  • die Formate entsprechen einem offenen Datei-Format mit den folgenden Eigenschaften:

    – sie sind interoperabel zwischen verschiedenen Plattformen und Applikationen
    – sie sind lizenzfrei erhältlich
    – sie sind voll implementierbar auf verschiedenen Plattformen und Applikationen ohne Limitierungen durch entgegenstehende IP-Rechte
    – sie sind von offene Standards einhaltenden Organisationen entwickelt.

Die Stanford University gibt sodann Empfehlungen für zu wählende Dateiformate. Für Textdateien rät sie zu Dateien in den Formaten XML, PDF/A, HTML, ASCII oder UTF-8. Der Fachinformationsdienst Osteuropa empfiehlt darüber hinaus die Speicherung in den Formaten “.odt”, “.rtf” oder “.tiff”. Auch deutsche Forschungsinstitute raten somit zur Wahl eines Dateiformats an, das die folgenden Eigenschaften aufweist:

Es ist

  • weit verbreitet und standardisiert
  • nicht proprietär, also nicht von einer Anwendung oder einem Hersteller abhängig, und mit unterschiedlichen Programmen verwendbar
  • offen dokumentiert mit frei verfügbaren technischen Spezifikationen
  • verlustfrei
  • einfach dekodierbar oder sogar unmittelbar lesbar, also nicht durch Kodierung versteckt.

Das IANUS-Forschungsdatenzentrum vertritt in seinen IT-Empfehlungen für den nachhaltigen Umgang mit digitalen Daten dementsprechend die Auffassung, das DOC-Format von Microsoft eigne sich nicht zur Archivierung, da es proprietär sei und die Inhalte nicht textbasiert gespeichert würden.

Auch wenn praktizierende Anwälte einen anderen Fokus verfolgen als wissenschaftliche Archivare und Staatsbibliotheken, teilt der anfangs erwähnte Kollege doch eine wesentliche Sorge mit den vorgenannten Einrichtungen: Er bangt um die zeitlich nachhaltige Lesbarkeit seiner Dokumente - jedenfalls für den Zeitraum der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht. Die vorgenannten Institute setzen hierbei auf offene Dateiformate und Systemkompatibilität - also Dateiformate, die sich mit verschiedenen Applikationen und verschiedenen Betriebssystemen öffnen lassen. In der Beratungspraxis ist insbesondere die Systemkompatibilität von elektronisch gespeicherten Informationen relevant. Anwälte kommunizieren in elektronischer Form, tauschen elektronische Dokumente im Rahmen von Vertragsverhandlungen untereinander aus, werden (hoffentlich) bald mit den Gerichten elektronisch kommunizieren und ihre Daten in Dokumentenmanagementsystemen verwalten. Es entspricht der Natur der Sache, dass die verwendeten Systeme sich ändern. Aber auch Anwälte und deren Tätigkeitsumfelder ändern sich: Die Expansion der Kanzlei macht ggf. den Einsatz neuer Programme und Applikationen notwendig und es soll Kollegen geben, die im Rahmen ihrer Tätigkeit bereits einmal die Kanzlei gewechselt haben. In diesen Fällen ist Systemkompatibilität von elektronisch gespeicherten Informationen und IT-Applikationen von entscheidender Bedeutung. Die oben genannten Kriterien sind deshalb keinesfalls rein wissenschaftlicher Natur.

Legt man die oben genannten Kriterien zugrunde, spielen bei der Beurteilung der Nachhaltigkeit von elektronisch gespeicherten Informationen jedenfalls die folgenden drei Parameter eine tragende Rolle: (i) das Datei-Format, (ii) die Kompatibilität und Verfügbarkeit der Software-Anwendung und (iii) der Dateiträger. Am Eingangsbeispiel lässt sich eine Nachhaltigkeits-Analyse recht einfach erstellen: Der Datenträger Papier hält bei guter Lagerung mindestens 70 Jahre. Das gleiche gilt für Toner und Tinte. Einer Software-Anwendung zum Lesen bedarf es nicht. Und das Datei-Format - in deutscher Sprache applizierte Druckschrift - wird nach vorsichtiger Einschätzung auch in 70 Jahren noch lesbar sein. Allerdings birgt die “Speicherung” von Information auf dem Papier ein Problem: sie ist analog. Analoge Information kann keinem elektronischen Wissensmanagement zugeführt werden. Sie kann nicht verknüpft werden und sie ist nicht im Volltext durchsuchbar. In diesem Sinne ist es “tote” Information. Die (Rechts-)Wissenschaft lebt von der Verknüpfung von Information, deren Analyse und der daraus entstehenden neuen Information. Informationsquellen sind längst nicht mehr ausschließlich Papierträger. Der Großteil auch der juristischen Fachinformationen ist heute elektronisch verfügbar, verknüpft, verlinkt und im Volltext recherchierbar. Will man diese interaktive Information wirklich auf Papier “einfrieren”?


Dateiformat und Nachhaltigkeit

Drei gängige Datei-Formate, die wir aus dem Büro kennen, sind das “.doc” oder “.docx” Format für Word-Dokumente, “.xls” oder “.xlsx” für Excel-Sheets oder “.ppt” bzw. “.pptx” für PowerPoint-Präsentationen. Aber was machen wir, wenn wir gerade kein Word, Excel oder PowerPoint zur Hand haben und ein solches Dokument bearbeiten möchten? Dann haben wir entweder Pech oder wir finden (hoffentlich) eine kompatible Applikation, mit der das Dokument geöffnet bzw. bearbeitet werden kann. Die Kompatibilität des Dateiformats ist somit ein Schlüssel zur Nachhaltigkeit. Aber nicht nur das Dateiformat muss kompatibel sein - die kompatible Anwendung muss auch frei verfügbar sein. IP-Rechte Dritter an einer proprietären Applikation würden den Zugang zur digital gespeicherten Information erschweren. Hinzu kommt, dass die Applikation auch allgemein verfügbar sein muss, um einen schnellen bzw. einfachen Zugang zur Datei zu ermöglichen.

Aber bleiben wir noch einen Moment beim Datei-Format. Entsprechend den Empfehlungen der oben genannten Institute werden für die nachhaltige (und kompatible) Speicherung von Textdateien unter anderem die folgenden Dateiformate empfohlen: PDF/A, HTML, ODT, RTF, DOCX oder ASCII, UTF-8 (.txt). Aber sind dies für den Büroalltag taugliche Formate?

PDF

Adobe ist seinerzeit mit dem PDF-Format einen nachhaltigen Weg gegangen: Zwar bedurfte es anfänglich zur Generierung eines PDFs noch des proprietären und kostenpflichtigen “Adobe Acrobat”. Allerdings war der Adobe Reader schon immer frei und für verschiedene Betriebssysteme verfügbar. Der Zugang zu PDF-Dokumenten - insbesondere im Archivformat PDF/A - ist somit interoperabel zwischen verschiedenen Plattformen und Applikationen möglich. Der Adobe Reader ist zwar nicht Open Source, aber er ist lizenzfrei erhältlich und weit verbreitet. Das PDF hat genau aus diesen Gründen seinen festen Platz im Büroalltag gefunden.

HTML

HTML hingegen wird man als Anwalt zunächst nicht als Datei-Format zur Textverarbeitung und -generierung empfinden. HTML kennen wir als Format für Webseiten - also Informationen aus dem Internet. Im Büroalltag ist vielen ggf. noch nicht einmal bekannt, wie man eine HTML-Datei überhaupt generiert. Dabei bietet HTML einzigartige Vorteile: Eine HTML-Datei kann mit jedem Web-Browser geöffnet werden, unabhängig vom verwendeten Betriebssystem. Sie ist zwar nicht unveränderlich, kann jedoch beim bloßen Aufrufen nicht - wie z. B. ein Word-Dokument - versehentlich verändert werden. HTML-Dateien haben zudem eine relativ kleine Größe. Die zum Aufruf der Dateien notwendigen Applikationen (Web-Browser) sind lizenz(gebühren)frei, leicht erhältlich und sehr weit verbreitet. Zudem werden Open Source Browser von einer Gemeinschaft von unabhängigen Entwicklern entwickelt. Ihre Existenz und Verfügbarkeit ist deshalb unabhängig vom Willen eines einzelnen Herstellers. Browser sollten deshalb noch lange erhältlich sein.

HTML-Dateien sind somit interoperabel zwischen verschiedenen Plattformen und Applikationen. Sie haben darüber hinaus noch einen weiteren Vorteil: Sie sind recht einfach konvertierbar z. B. in das PDF- oder Word-Format und somit ideal geeignet, um Informationen nachhaltig elektronisch festzuhalten: HTML-Dateien sind leicht von jedem User mittels Web-Browser zu öffnen, langzeitarchivierbar und konvertierbar.

Ist HTML jedoch für den Büroalltag geeignet? Ist es nicht umständlich, ein HTML-Dokument zu generieren?

Diejenigen Anwälte oder Juristen, die regelmäßig im Internet publizieren, wissen, dass die Generierung eines HTML-Dokumentes mittlerweile genauso einfach ist, wie in einer Textverarbeitung zu schreiben. Es gibt (frei erhältliche) Applikationen, die die Formatierung von HTML-Dokumenten mittels “buttons” zulassen, wie wir es auch von Textverarbeitungsprogrammen gewöhnt sind. Zudem kann jeder, der sich mit den recht leicht zu erlernenden HTML-Grundbefehlen auskennt, HTML-Dokumente in jedem Web-Browser generieren.

Anwaltliche Dokumentation, die im HTML-Format vorliegt, kann auch dann noch gelesen werden, wenn Textverarbeitungssysteme für die gängigen Formate ODT, RTF oder DOCX nicht mehr zur Verfügung stehen. Ein Systemwechsel wäre unbedenklich, da die Verfügbarkeit des Internets ein solch hohes Gut ist, dass es m. E. kein Betriebssystem oder Device geben wird, auf dem man HTML-Dateien nicht öffnen kann, solange das Internet existiert. Jedenfalls sind HTML-Browser mittlerweile für alle gängigen Betriebssysteme kostenlos erhältlich.

Dieser Artikel wurde z. B. in einem HTML-Editor geschrieben. Das in unserer Kanzlei verwendete Dokumentenmanagementsystem hat werksseitig einen HTML-Editor implementiert. Aus diesem Grund können wir recht einfach Aktennotizen oder andere Aufzeichnungen in HTML festhalten - nachhaltig, kompatibel und flexibel. Vor dem Hintergrund, dass HTML mit jedem frei erhältlichen Browser generiert und gelesen werden kann, ist es eigentlich ein “Volks-Format”.

ODT

Das Format ODT (oder ODF) steht für “Open Document Format”. Es ist das Dateiformat der Open Document Initiative, die sich zum Ziel gesetzt hat, Textverarbeitung wie sie Word bietet lizenz(gebühren)frei zugänglich zu machen. Zwei ihrer bekannteren Textverarbeitungsapplikationen sind die Open Source-Applikationen “OpenOffice” und “LibreOffice”. ODT- oder ODF-Dateien können auch von MS Word geöffnet werden. Demgegenüber bereitet die Kompatibilität von DOC-Dateien beim Öffnen mit Open Source Textverarbeitungsprogrammen teilweise Schwierigkeiten. Leider kann Apples Pages-Textverarbeitung keine ODT-Dokumente öffnen. Abgesehen von der mangelnden Apple-Kompatibilität ist das ODT-Format interoperabel und können ODT-Dateien mittels frei erhältlicher Applikationen, die auf den gängigen unterschiedlichen Betriebssystemen (Windows, Mac, Linux) laufen, geöffnet und bearbeitet werden. Die Applikationen sind lizenz(gebühren)frei erhältlich, weit verbreitet und als Open Source-Software offen dokumentiert. Deshalb könnte, auch wenn die aktuelle Version von MS Word viele attraktive Features z. B. zur handschriftlichen Dokumentenbearbeitung bietet, unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten das ODT-Format in der zweckgebundenen nachhaltigen Dokumentation einen festen Platz einnehmen.

RTF

Das ODT-Format ist nicht das einzige Format, das über kostenlose Open Source-Applikationen oder proprietäre Applikationen (z. B. MS Word oder Apple Pages) geöffnet und bearbeitet werden kann. RTF kann das auch. Darüber hinaus ist das RTF-Format äußerst interoperabel und weist eine große Kompatibilität auf. In der Praxis ergeben sich allerdings teilweise leichte Formatierungsänderungen - je nach verwendeter Applikation.

DOCX

Viele verbinden das DOCX-Format mit Microsoft - ist es doch der Nachfolger des jahrzehnte-alten Dateiformats DOC aus Redmont. In Wahrheit ist das DOCX-Format jedoch als XML-basiertes Format ein interoperables Datei-Format, das von allen gängigen Textverarbeitungs-Applikationen (einschließlich der von Apple und der oben genannten Open Source-Applikationen) geöffnet werden kann. Aus diesem Grund wird das DOCX-Format z. B. von RADAR (Research Data Repositorium) oder IANUS als nachhaltiges Dateiformat empfohlen. Wie bereits angesprochen ist eine Speicherung im DOCX-Format nicht der Verwendung von MS Word vorbehalten. Open Source-Alternativen wie LibreOffice, Collabora Online, OpenOffice oder OX Documents - um nur einige zu nennen - können dieses Format ebenfalls öffnen. Unter den Platzhirschen der Textverarbeitungssysteme ist gegenwärtig lediglich OpenOffice noch nicht in der Lage, im DOCX-Format zu speichern. Wählt man jedoch eine Open Source-Applikation, die eine Speicherung im DOCX-Format erlaubt, erhält man eine kostenfreie Textverarbeitung, deren Verwendung man anders als bei ODT noch nicht einmal offenlegen muss, da sich das Dateiformat mit MS Word kompatibel ist. Das DOCX-Format ist somit ein interoperables Format, das mit verschiedenen (auch kostenlosen) Applikationen, die für alle gängigen Betriebssysteme erhältlich sind, geöffnet und bearbeitet werden kann.

ASCII & UTF-8

Die Formate ASCII und UTF-8 sind in erster Linie Zeichenkodierungen, auf die Textverarbeitungsprogramme Rückgriff nehmen. Die Formate kann man zwar mit einer weitverbreiteten Zahl von Applikationen sichtbar (und somit lesbar) machen, sie entsprechen jedoch oft nicht den Formatierungsanforderungen in der Industrie. Bekanntestes Beispiel für TXT-Dateien bilden die fast jeder Softwareinstallation beigefügten “Readme.txt”-Dateien - nicht ohne Grund, da sie mit jedem open source oder proprietärem Texteditor geöffnet werden können. Es ist dennoch fraglich, ob man im anwaltlichen Alltag wirklich im TXT-Dateiformat arbeiten sollte. Praktische Bedeutung gewinnt das TXT-Format jedoch in der Abfassung eines HTML-Dokumentes oder in Verbindung mit der Nutzung sogenannter (auch frei erhältlicher) Markdown-Editoren. Es ist möglich, HTML-Code in einem Texteditor zu schreiben und die Datei sodann durch Änderung der Dateibezeichnung von “.txt” in “.html” in eine HTML-Datei zu verwandeln, die mit jedem Web-Browser geöffnet werden kann. Wenn man so will, ist das TXT-Format somit ein sehr konvertierungsfreudiges Format - wenngleich die Arbeit in diesem Format eher an das Arbeiten in Linux auf der Kommandozeile erinnert.
 


Dateiformat, Nachhaltigkeit und Open Source

Die oben genannten Beispiele zeigen, dass Bedenken bzgl. der Nachhaltigkeit elektronischer Informationen nicht primär eine Frage der Digitalisierung schlechthin, sondern eine Frage des verwendeten Datei-Formats ist. An dieser Stelle möchte ich mich jedoch nicht zu sehr auf ein bestimmtes Datei-Format kaprizieren: Anhängern von Textverarbeitungssoftware mit ihren Formatierungsmöglichkeiten und der Möglichkeit zur Markierung von Textänderungen steht z. B. das ODT- und das DOCX-Format zur Speicherung und Verarbeitung zur Verfügung. Da diese Formate auch mit kostenlosen Open Source-Applikationen bearbeitet werden können, bestehen sie die oben genannten Nachhaltigkeitskriterien.

Den oben genannten Beispielen lässt sich auch entnehmen, dass im Rahmen der Nachhaltigkeit der elektronischen Speicherung von Daten sowohl das Datei-Format interoperabel als auch die zur Öffnung des Dateiformats notwendigen Applikationen frei verfügbar sein müssen. In den anwaltlichen Alltag übersetzt bedeutet dies, dass man aus dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit Dateiformate verwenden sollte, die mit unterschiedlichen, und vor allem auf frei, also kostenlos verfügbaren, Applikationen geöffnet werden können. Bei der Verwendung proprietärer Software sollte also idealerweise darauf geachtet werden, dass die entsprechenden Dateien und Dateiformate auch mit Open Source-Software geöffnet werden können. Oder man prüft, ob der Einsatz von Open Source nicht von vornherein angezeigt ist.


Softwareapplikation und Nachhaltigkeit

Die oben genannten Beispiele haben bereits gezeigt, dass bei der Beurteilung der Nachhaltigkeit das Datei-Format und die zur Erstellung des Datei-Formats notwendige Software-Applikation in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen. Bei der Verwendung proprietärer Datei- und Datenformate können sich somit einschneidende Limitierungen immer dort ergeben, wo sich der Nutzer - aus welchen Gründen auch immer - gegen eine fortgeführte Nutzung entscheidet. Bei Mietmodellen, wie sie nunmehr auch im Verbrauchermarkt zunehmend Verbreitung finden (siehe Office 365 oder Adobe Creative Cloud), ist es zudem nicht mehr möglich, notfalls auf eine vormals “erworbene” ältere Version einer bestimmten proprietären Software (z. B. auf einem gut gepflegten alten “Ersatzrechner”) zurückzugreifen: Wird das Mietmodell für die Applikation nicht weiter verfolgt, endet das Zugriffsrecht auf das proprietäre Datei-Format.

Das kennen wir aus dem Kanzlei-Alltag, da die meisten Kanzleisoftware- oder Dokumentenmanagementsysteme auf Basis von Mietmodellen zugänglich gemacht werden. Lässt die Kanzlei das Modell auslaufen, können die in einem System abgelegten elektronischen Akten oft nicht einfach in ein anderes proprietäres System übernommen werden. Auch wenn die einem Dokumentenmanagementsystem oft zugrunde liegende SQL-Datenbank Open Source ist, sind die Datensätze meist doch nicht ausreichend kompatibel. Datenmigration ist zwar nicht unmöglich, jedoch oft sehr kostspielig.

Da man die ursprünglich lizenzierte Software nach Ablauf der Lizenz nicht mehr verwenden kann bzw. darf, kann auch auf die in der Software gespeicherten Daten und Dateien nicht mehr zugegriffen werden. Die Dateien sind (zunächst) wertlos. Ein solches Dokumentenmanagementsystem würde den Nachhaltigkeitstest nach den oben genannten Kriterien somit nicht bestehen. Folglich ist ein Systemwechsel entweder gar nicht oder nur unter erschwerten Umständen möglich. Möglicherweise kann bei einer wesentlichen Erneuerung des verwendeten IT-Systems die seit langem installierte Version nicht fortgeführt werden. Der Wechsel im Tätigkeitsfeld von Anwälten wird unnötig erschwert: Gegebenenfalls können die Daten von Quereinsteigern nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen in das System aufgenommen werden bzw. können ausscheidende Anwälte ihre Daten nicht einfach mitnehmen. Welche Alternativen stehen dann zur Verfügung?

  1. Die Kanzlei führt die Lizenz am alten proprietären System weiter - entweder kostspielig für mehrere oder alle User oder auf eine einzelne Lizenz für Referenzzwecke beschränkt. Das ist nicht sehr nutzerfreundlich und jedenfalls mit zusätzlichen Kosten verbunden. Die obigen Nachhaltigkeitskriterien werden hierdurch nicht erfüllt.

  2. Die Kanzlei versucht, die Datensätze aus dem alten Dokumentenmanagementsystem in das neue System zu migrieren. Das ist grundsätzlich nicht unmöglich, in der Regel aber mit hohen Kosten verbunden. Die obigen Nachhaltigkeitskriterien werden auch hierdurch nicht wirklich erfüllt.

  3. Die Kanzlei nutzt Software eines Anbieters, der sozusagen eine kostenlose "Lesekopie" des Dokumentenmanagementsystems für den Zeitpunkt nach Ablauf der Lizenz bereitstellt. Die "Lesekopie" sollte in jedem Fall den Zugang und das Kopieren von Dateien erlauben, so dass auf die im alten System gespeicherten Daten zugegriffen werden kann und diese zur Bearbeitung dem System entnommen werden können. In der Finanzbranche ist dies eine gängige Gepflogenheit. Ohne eine empirische Markterhebung vorgenommen zu haben, ist dem Verfasser nur ein branchenunabhängiges proprietäres System bekannt, das eine vergleichbare Funktionalität bietet. Demgegenüber gibt es eine Vielzahl anwaltlicher Branchensoftware, die einen Zugang auf gespeicherte Dokumente nach Ablauf der Lizenz nicht zulässt. Würde die Zurverfügungstellung einer “Lesekopie” bei branchenspezifischen Dokumentenmanagementsystemen (standardmäßig) angeboten, würde hierdurch ein großer Beitrag zur nachhaltigen Speicherung elektronischer Informationen in der anwaltlichen Beratung geleistet.

  4. Die Kanzlei überlegt, ein Open Source System zu verwenden, dass zumindest in seinen Kernfunktionen allgemein und lizenz(gebühren)frei erhältlich ist. Wie bereits oben erwähnt, handelt es sich bei Open Source-Software keinesfalls um Garagenprodukte. Im Bereich Forschung & Entwicklung und in der Industrie haben sich Open Source Dokumentenmanagementsysteme für mehrere hundert oder tausend User etabliert, die mehrere hundert-tausende Dokumente verwalten können. Nach Auskunft eines Herstellers nutzen Unternehmen und Institutionen wie z. B. CISCO, die NASA, OXFORD University Press oder Leica Geosystems Open Source Dokumentenmanagementsysteme. Open Source Systeme für den produktiven Geschäftseinsatz sind zwar ebenfalls oft kostenpflichtig, allerdings sind für die meisten Systeme voll funktionsfähige lizenz(gebühren)freie sog. Community Editions erhältlich, auf die zurückgegriffen werden kann, wenn die lizenzierten Funktionen nicht mehr weiter verwendet werden sollen. Frei erhältliche Community Editions erlauben somit den Zugriff auf die bisherigen Datensätze als Backup oder im Falle des Wechsels eines Systems - gleich aus welchem Grund. Open Source Systeme - auch die kostenpflichtigen - haben zudem den Vorteil, dass rechtlich der Zugriff auf ihren Quellcode erlaubt ist. Open Source Systeme sind deshalb individuell in die IT einer Kanzlei oder Rechtsabteilung integrierbar. Schnittstellen zu anderen verwendeten Applikationen können individuell erstellt werden oder sind bereits am Markt (ggf. kostenlos) erhältlich. Demgegenüber ist der Nutzer bei proprietärer Software auf die vom Hersteller entwickelten (und ausgewählten) Schnittstellen angewiesen.

Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit bei Applikationen zeigt das Beispiel Dokumentenmanagement, dass die Verwendung von Systemen mit fehlender Interoperabilität wesentliche Limitierungen schaffen kann, die einer nachhaltigen Speicherung elektronischer Daten entgegenstehen. Das Beispiel des Dokumentenmanagements ist hier nur exemplarisch gewählt. Nachhaltige Datenkompatibilität ist in fast allen Bereichen der Datenverarbeitung von essentieller Bedeutung: von der Buchhaltung, über das Knowledge-Management, dem Personalmanagement oder der Verwendung web-basierter Kommunikationskanäle wie Homepages, Blogs oder Social Media - um einige weitere Beispiele zu nennen. Soll unter Berücksichtigung der oben genannten Nachhaltigkeitskriterien ein kompatibles System geschaffen werden, stellt die Verwendung von Open Source Systemen eine valide Alternative zur Sicherstellung von Interoperabilität und einer nachhaltigen Dateiverwaltung dar.


Datenträger und Nachhaltigkeit

Das dritte zur Sensibilisierung zu nachhaltiger Speicherung elektronischer Informationen gewählte Beispiel ist der Datenträger. Überträgt man die oben genannten Nachhaltigkeitskriterien auf die Wahl des Datenträgers, spielen nicht nur die Materialeigenschaften eine Rolle, sondern auch der Aspekt des Zugangs zum Datenträger frei von Rechten Dritter. Der Datenträger Papier birgt zwei wesentlich nachhaltige Eigenschaften: Zum einen überdauert Papier bei ordnungsgemäßer Lagerung auch lange gesetzliche Aufbewahrungsfristen deutlich. Zum anderen steht es im Eigentum des Anwalts - dem Autor ist jedenfalls kein Fall bekannt, in dem ein anwaltlicher Kollege Schriftsätze auf geliehenem oder gepachtetem Papier angefertigt hätte.

Bei dem zur Speicherung elektronischer Informationen gebräuchlichen Datenträger - der Festplatte - ist das nicht immer so. Über die Lebensdauer von Festplatten lässt sich trefflich debattieren. Fest steht, dass Festplatten nicht die einzigen Speichermedien darstellen und für eine Langzeitarchivierung andere Speichermedien am Markt erhältlich sind - wenn man denn archiviert. Wichtig ist jedoch, dass das Eigentum an einem Datenträger und das Eigentum an den darauf gespeicherten Daten auseinanderfallen können. Das Hauptbeispiel dafür ist die Cloud. Das daraus entstehende Spannungsverhältnis zwischen dem Eigentümer des Datenträgers und dem Eigentümer der Daten ist einer nachhaltigen Speicherung zumindest nicht zuträglich. Hinzu kommt, dass bei einer Speicherung in der Cloud der wahre Vorbehalts- oder Sicherungseigentümer des Datenträgers in der Regel nicht bekannt ist. Auch wenn das etwas gegen die Mode und antiquiert wirkt: (Voll-)Eigentum am Datenträger ist der Nachhaltigkeit zuträglich. Wer Eigentum am Datenträger hat, kann auch dessen appropriate Handhabe zur Sicherung seiner eigenen Daten kontrollieren. Jedenfalls Backups auf im eigenen Eigentum stehende Datenträger erscheinen Pflicht. Auch hier kommt es jedoch auf die Backup-Systeme an: sind sie proprietär, können die Backups nur solange gelesen werden, wie eine entsprechende Lizenz besteht. Sind die Systeme frei bzw. Open Source, ist ein dauerhafter Zugriff ohne Zusatzkosten entsprechend der oben genannten Nachhaltigkeitskriterien gegeben.


Open Source - freie Software - proprietäre Software

Was bedeutet eigentlich “Open Source”? Dieser Artikel soll nicht als “Brandbrief” gegen die Verwendung proprietärer Systeme verstanden werden. Es geht um die Nachhaltigkeit in der Datenverarbeitung, die letztlich Voraussetzung ist für eine flexible und kompatible Nutzung von und den nachhaltigen Zugang auf elektronisch gespeicherte Informationen auch über einen gewissen Zeitraum hinaus. Die oben genannten Kriterien für die Nachhaltigkeitsbeurteilung - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - von Dateiformaten, Softwareapplikationen oder IT-Systemen sind nach Meinung des Autors universell und können (oder sollten) natürlich auch von proprietären Applikationen und Systemen erfüllt werden. Proprietäre Systeme können Vorteile bieten im Hinblick auf Pflege und Wartung - so waren die durch Spectre und Meltdown notwendigen Patches z. B. für das proprietäre Windows Betriebssystem und für VM-Ware schneller verfügbar als für das durch die Community gepflegte Linux. Demgegenüber bieten quelloffene von der Community gepflegte Open Source Systeme ggf. vielfältigere Möglichkeiten zur Anpassung an individuelle Bedürfnisse, da diese letztlich aufgrund der Berechtigung zum Zugriff auf den Source-Code von den Anwendern selbst angepasst werden können. Auch handelt es sich bei Open Source Anwendungen um laufbeständige Applikationen, die mit derselben Zuverlässigkeit wie proprietäre Applikationen in einer “Produktionsumgebung” (d.h. im Büroalltag) laufen. Aber was bedeutet eigentlich Open Source und ist Open Source immer kostenlos? Um den Rahmen des Artikels nicht zu sprengen, soll der Einfachheit halber auf die Definition von Open Source in Wikipedia zurückgegriffen werden. Demnach wird der Begriff Open Source auf Software angewendet, deren Lizenzverträge den folgenden charakteristischen Merkmalen entsprechen:

  • Die Software (d.h. der Quelltext) liegt in einer für den Menschen lesbaren und verständlichen Form vor.
  • Die Software darf beliebig kopiert, verbreitet und genutzt werden.
  • Die Software darf verändert und in der veränderten Form weitergegeben werden.

Open Source bedeutet auf der anderen Seite jedoch nicht, das “alles erlaubt” ist; an die Nutzung sind Bedingungen geknüpft. Ein BITKOM-Bericht um Open Source-Software erläutert diese wie folgt:

„Die Verwertung, Vervielfältigung und Bearbeitung ist nicht vorbehaltlos gestattet, denn bei der Open Source-Software wird vielfach die Einräumung von Nutzungsrechten von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht. In dieser Weise kann Open Source-Software abgegrenzt werden von Public Domain Software […]. Bei der Public Domain Software ist dem Nutzer die Vervielfältigung, Verbreitung und Veränderung uneingeschränkt und vorbehaltlos erlaubt.“

Open Source bedeutet, dass der Quelltext einsehbar ist. Das sagt aber nichts über die gewährten Verwendungsrechte und Nutzungsfreiheiten aus (Wikipedia). Aus diesem Spannungsverhältnis heraus wurden verschiedene Versuche unternommen, zwischen Open Source und lizenzgebührenfreie Open Source-Software abzugrenzen (siehe zur historischen Aufarbeitung der Terminologie-Entwicklung sowie zur Verwendung der Akronyme FOSS und FLOSS: Wikipedia). Tatsache ist, dass viele Community Versionen von Open Source-Applikationen lizenz(gebühren)frei zur Verfügung stehen, ganz gleich ob man sie letztlich als FOSS, FLOSS oder public domain bezeichnet.

Auch zu Open Source lässt sich feststellen, dass die oben genannten Nachhaltigkeitskriterien nur erfüllt werden, wenn sie als lizenzgebührenfreie Open Source-Software (FOSS) frei verfügbar ist. Wie bereits oben erwähnt bieten viele professionelle Open Source Applikationen die Möglichkeit zum lizenzgebührenfreien Rückgriff auf eine sog. Community Edition - wenngleich es hier zu Einschränkungen bei Support und einzelnen Spezifikationen gegenüber den kostenpflichtigen Versionen kommen kann. In der überwiegenden Zahl der Fälle weisen aber auch die Community Editionen einen völlig ausreichenden Funktionsumfang auf. Demgegenüber gehören zur nachhaltigen Archivierung frei verfügbare Editionen proprietärer Branchensoftware zumindest noch nicht zum Marktstandard.


Fazit

Elektronische Datenverarbeitung bestimmt einen wesentlichen Teil unseres beruflichen wie privaten Lebens. In der Beratungsbranche ist nicht nur die Erstellung sondern auch die nachhaltige Verfügbarkeit von Dokumenten und Informationen von entscheidender Relevanz. Das betrifft nicht nur die verwendeten Dateiformate und Applikationen, sondern z. B. auch die Möglichkeit zum ungehinderten Zugriff auf den entsprechenden Datenträger.

Bei den Dateiformaten finden bereits jetzt mit den Formaten PDF, RTF und DOCX in der Branche Formate weite Verbreitung, die mit verschiedenen und lizenzgebührenfreien Applikationen auf verschiedenen Betriebssystemen geöffnet und verarbeitet werden können. Wer besonders kostenbewusst ist, kann sogar erwägen, auf lizenzgebührenfreie Open Source-Applikationen zu wechseln. Das Format HTML ist ein sehr nachhaltiges und flexibles Format, das im anwaltlichen Büroalltag noch keine weite Verbreitung gefunden hat. Wer Interesse an der Erstellung nachhaltiger Dokumentation hat, die mit jedem Webbrowser geöffnet werden kann, für den lohnt sich ggf. ein Blick auf die (frei) verfügbaren Editoren, mit denen die HTML-Erstellung auch ohne Kennnisse im HTML-Coding möglich ist.

Aber nicht nur bei den Dateiformaten, sondern auch und insbesondere im Bereich des elektronischen Dokumentenmanagements spielen Nachhaltigkeitskriterien eine entscheidende Rolle. Die hohe Werthaltigkeit elektronischer Dokumentation durch Volltext-Durchsuchbarkeit, Verlinkbarkeit, einfachem Austausch und einfacher Publikation sollte nicht dadurch vernichtet werden, dass diese Informationen mit Ablauf von Lizenzprogrammen an Dokumentenmanagementsystemen nicht mehr zugänglich sind. Hier ergeben sich zur Sicherung der Nachhaltigkeit in der Rechtspflege auch für kommerzielle Hersteller möglicherweise wirtschaftlich vertretbare Modelle. In jedem Fall kann die Verwendung von Open Source-Software wesentlich zur Nachhaltigkeit, Flexibilität und Kompatibilität generierter elektronischer Informationen beitragen.

Wie erwähnt ist dieser Beitrag nicht als “Brandbrief” gegen die Verwendung proprietärer Software gemeint. Er soll ein Plädoyer für mehr Sensitivität bei der Nachhaltigkeit und der Verwendung von Open Source Alternativen in der Anwaltsbranche sein Dies nicht nur aus Gründen der individuellen Anpassungsmöglichkeiten oder der Wirtschaftlichkeit, sondern vor allem zur Sicherstellung der nachhaltigen Verwertbarkeit elektronischer Informationen als Voraussetzung für eine bessere Interoperabilität und Zusammenarbeit im Umgang mit elektronischen Akten und Informationen. Bei sorgfältiger Auswahl der Systeme steht bereits heute die digitale Transformation der Nachhaltigkeit bei der Dokumentation nicht im Wege.

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